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Das Buch „Das rote Trikot – Eine afrikanische Reise“ von Sylvain Viktor veranschaulicht den Weg von Kleidungsstücken durch die Welt anhand eines roten Trikots. Es zeigt die Herstellung und den ersten Kauf in Europa über die Abnutzung und Entsorgung im Altkleider-Container bis hin zur mehrfachen Weiterverwendung auf dem afrikanischen Kontinent. Die Reste dienen schließlich als Kleidungstück für ein Souvenir und finden dadurch wieder den Weg nach Europa.

Das Buch macht die globalisierten Wege von gebrauchten Kleidungsstücken kindgerecht verständlich. Weil die Geschichte lediglich aus Illustrationen besteht und keinen Text enthält, wird keine bestimmte Interpretation vorgegeben. Aus den Illustrationen geht keine kritische Lesart dieser Reise des T-Shirt hervor. Insofern wird das Machtgefälle, dass zu entsprechenden Kleidungsströmen führt, nicht problematisiert. Viel eher wird normalisiert, dass Kleidung, die die Menschen in Europa für nicht mehr gut genug halten, immer noch gut genug für Menschen im Globalen Süden sind und dort Menschen erfreuen. Tatsächlich tragen europäische Kleiderspenden aber zur Zerstörung der Textilproduktion in afrikanischen Ländern bei.

Hinzu kommt, dass die Illustrationen Europa und Afrika undifferenziert gegenüberstellen. Die europäische Lebenswelt wird anhand von großen Maschinen und Einkaufszentren als modern und wohlhabend dargestellt, während der afrikanische Kontinent durch einfache Hütten, gebrauchte Kleidung und banale Arbeitsplätzen als vormodern und arm erscheint. Auch die Darstellung der Lebenswelt der Kinder macht die Differenzen sichtbar. In Europa ist das Spielen zwar aufregend, aber ungefährlich, während in Afrika Gefahren lauern wir bissige Tiere, Feuer und Gewalt. Die afrikanischen Figuren sind teilweise stereotyp überzeichnet (breite Lippen, platte Nasen) und werden teilweise als düster, betrügerisch und gefährlich illustriert.

Auch der am Ende gezeigte Tourismus, bei dem weiße Menschen aus dem Globalen Norden „typisch afrikanische“ Souvenirs kaufen, ist sehr einseitig. Die gezeigten Geschehnisse erinnern an neokoloniale Abhängigkeitsverhältnisse. Das Buch verpasst es aber, diese kritische zu reflektieren und trägt so eher zur Normalisierung dieser Verhältnisse bei.

 

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