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Impulse für den Transfer zwischen Hochschule, Stadt und Region

Im Gespräch: Zweite Bürgermeisterin Eva Weber und Prof. Dr.-Ing. Elisabeth Krön

 
Von links: Zweite Bürgermeisterin Eva Weber und Prof. Dr.-Ing. Elisabeth Krön © Matthias Leo
04.11.2019
Augsburg

Zum Jahreswechsel 2019/2020 trafen sich Eva Weber, Zweite Bürgermeisterin der Stadt Augsburg und Prof. Dr.-Ing. Elisabeth Krön, Vizepräsidentin für Weiterbildung und Wissenstransfer der Hochschule Augsburg, um Ansatzpunkte zur Lösung zentraler Zukunftsthemen auszuloten. Sie wollen künftig noch passgenauere Transferaktivitäten zwischen der Stadt Augsburg, der Region und der Hochschule Augsburg auf den Weg bringen.

Das Gespräch fand am 04.11.2019 statt. Es wurde in gP Transfer 2019 erstmals veröffentlicht.

 

Elisabeth Krön: Wir sind hier, um über den Transfer zwischen der Hochschule Augsburg und der Stadtgesellschaft zusprechen. Deshalb freut es mich sehr, dass Sie sich Zeit genommen haben, Frau Bürgermeisterin.

Eva Weber: Das ist für mich selbstverständlich. Die Hochschule Augsburg ist ein wichtiger Partner, der die Stadt Augsburg und die Region immer fest im Blick hat. Die Hochschule ist stets darauf bedacht, zu schauen, was braucht die Region, was sind ihre Bedarfe. Nehmen Sie zum Beispiel eines ihrer Aushängeschilder, die Firmenkontaktmesse PYRAMID.

Elisabeth Krön: Die PYRAMID zählt inzwischenzu den größten studentischen Recruitingmessen in Süddeutschland. Rund 180 renommierte Firmen präsentieren sich jedes Jahr den über 3.500 Besuchern. Die Messe wird von unseren Studierenden in Eigenregie organisiert. Für viele ist die PYRAMID, die am 20. Mai 2020 zum 30. Mal stattfindet, das entscheidende Sprungbrett für ihren Berufseinstieg.

Eva Weber: Die PYRAMID ermöglicht es, in Dialog mit dem hochqualifizierten Nachwuchs der Hochschule Augsburg zu treten. Allein daran, dass die Messe heuer ihr 30-Jähriges feiert, erkennt man deutlich, dass die Hochschule bei ganz vielen Themen, die heute envogue sind – von denen jeder sagt, das muss man machen – schon viel früher dran war. Für mich hat die Hochschule Augsburg beständig einen guten Riecher für Zukunftsthemen und für das, was notwendig ist.

Elisabeth Krön: Das freut mich, wenn Sie dies so wahrnehmen. Es stimmt auf alle Fälle, dass wir an der Hochschule die Zukunftsthemen intensiv diskutieren.

Eva Weber: Von Transfer sprechen derzeit viele. Was verstehen Sie als Hochschule unter Transfer?

Elisabeth Krön: Transfer heißt kooperieren, austauschen, gegenseitige Bedarfe und Interessen kennen, und am Ende einen Nutzen, einen Mehrwert für beide Seiten schaffen. Als Hochschule für angewandte Wissenschaften verstehen wir uns seit jeher als gut vernetzt mit der Wirtschaft. Alle unsere Professorinnen und Professoren haben ja relevante Berufspraxis in ihrem Lehrgebiet außerhalb der Hochschule. Studierende machen Praktika in Unternehmen und es gibt eine Reihe von Forschungsprojekten, die entweder als Auftragsforschung mit der Industrie stattfinden oder bei denen Unternehmen als Kooperationspartner eingebunden sind. Doch wie immer: wir möchten gerne weitermachen, den Kontakt intensivieren und auch an der Hochschule selbst das Thema noch präsenter machen.

Eva Weber: Und jetzt erschließen Sie nebenden Partnern in der Wirtschaft noch eine weitere Gruppe im Bereich Gesellschaft.

Elisabeth Krön: In den letzten Jahren zeichnet es sich ab, dass wir neben unseren Kooperationen mit Partnern aus Wirtschaft und Technik nun auch den Transfer in die Gesellschaft stärken wollen. Dass kommt zunächst auch durch unseren neuen Studiengang Soziale Arbeit. Aber insgesamt ist es so, dass sich ein erweitertes Transferverständnis, das Wirtschaft, Gesellschaft und Politik einschließt, durchsetzt. Auch hochschulpolitisch ist dies absolut gewollt und der Transfer wird als sogenannte „Dritte Mission“ neben Lehre und Forschung konkret als Aufgabe definiert.

Eva Weber: Wir in Augsburg und in der Region spüren diesen Impuls, der von der Hochschule Augsburg kommt und hinein in Wirtschaft und Gesellschaft wirkt. Zugleich schätzen wir es sehr, dass wir auch als externer Impulsgeber für die Hochschule fungieren dürfen. Wir können unsere Fragen an die Hochschule stellen und erhalten jederzeit passgenaue Antworten.

Elisabeth Krön: Dadurch, dass wir uns austauschen, füllen wir den gesellschaftlichen Transfer bereits ganz gut mit Leben.

Eva Weber: Und wir können gemeinsam mit der Hochschule, quasi wie in Reallaboren, Ideen auf ihre Machbarkeithin überprüfen.

Elisabeth Krön: Hochschulen bieten Raum für Ideen und auch Raum zur Reflexion.

Eva Weber: Wenn ich an die breite Palette der Studiengänge denke, die die Hochschule anbietet, freue ich mich, wie viel Wissen und Know-how hier vermittelt wird. Wenn man bedenkt, welche positiven Auswirkungen das auf Augsburg und die Region hat: Die Studierenden und Professoren der Fakultät für Gestaltung setzen in der Kreativbranche wichtige Akzente – die Ingenieure im Maschinenbau und in der Elektrotechnik. Innovationen werden ebenso auf den Weg gebracht von den Software-Entwicklern, den Informatikern, den Architekten und Bauplanern, den Wirtschaftswissenschaftlern und Marketingexperten sowie den Studierenden der Sozialen Arbeit. Alle ihre Absolventen, die jungen Männer und die jungen Frauen zugleich, wirken hier direkt in der Region. Sie tragen maßgeblich zur Festigung des Wirtschaftsraums Augsburg bei. Das liegt aber natürlich auch daran, dass die Hochschule immer ein gutes Gespür entwickelt, für das, was die Region braucht. Sie erkennt, wo Bedarfe sind und versucht, diese zu bedienen. Davon profitiert natürlich der gesamte Standort.

Elisabeth Krön: Diese Weiterentwicklung können wir nur gewährleisten, weil wir eng mit Partnern aus Gesellschaft und Wirtschaft zusammenarbeiten. Und jetzt rücken wir mit unserem Projekt HSA_transfer, das im Rahmen der Bund-Länder-Initiative „InnovativeHochschule“ gefördert wird, auch die Zivilgesellschaft ins Zentrum unserer Bestrebungen. Wir schauen, wie wir mit unserer fachlichen Expertise aus Technik, Wirtschaft, Gestaltung und Soziales nun verstärkt im Sozialen und im Non-Profit-Bereich innovative Transferprojekte mit Mehrwert für die Bevölkerung realisieren. Wir stärken auch unsere Wissenschaftskommunikation und wollen mit innovativen Formaten den Bürgerinnen und Bürgern noch besser vermitteln, was wir an der Hochschule eigentlich machen und welchen Gewinn bzw. Mehrwert die Gesellschaft von unserem Tun hat.

Eva Weber: Da würde ich mir wünschen, dass die Hochschule noch viel aktiver wird. Die Projekte, die wir schon zusammen gemacht haben, die „Lange Nacht derWissenschaft“ oder die Vorlesungsreihe „Reden wir über ...“ für Bürgerinnen und Bürger sind ja unfassbar gut angekommen. Es sind tolle Projekte, von denen ich sehr gerne noch mehr hätte. Bislang sind die Hochschule und auch die Universität auf ihren Campus verortet. Augsburg ist keine Hochschulstadt wie Heidelberg, wo über die ganze Stadt hinweg Institute und Lehrstühle verstreut sind – wo die Durchmischung des studentischen Lebens mit dem „normalen“ Leben stattfindet. Ich glaube, dass wird für uns in Augsburg auch eine Zukunftsaufgabe sein: das Gefühl der Hochschulstadt in die Bürgerschaft zu tragen. Und es wird eine Zukunftsaufgabe sein, die Bürgerinnen und Bürger zu informieren, was an den Hochschulen geforscht und gelehrt wird und welche Innovationen dadurch zwischen der Hochschule und ihren Kooperationspartnern für das Wohl der Gesellschaft entstehen.

Elisabeth Krön: Aktuell haben wir begonnen, gesellschaftlichen Debatten mehr Raum zu geben, unter anderem mit dem neuen HSA_transfer | Talk. Wir haben bereits zu zwei Podiumsdiskussionen eingeladen. Nachhaltigkeit und Zukunft des Wohnens waren die Themen, die wir mit Fachexperten aus Hochschule und Gesellschaft diskutiert haben. Der Zuspruch aus der Bevölkerung war sehr gut.

Eva Weber: Das sind natürlich Themen, die uns als Stadt ebenso umtreiben. Wie Sie überlegen wir permanent, welche Informationsformate wir unseren Bürgerinnen und Bürgern anbieten können. Ein ganz wichtiges Thema ist dabei, Berührungsängste gegenüber der Wissenschaft abzubauen. Wenn ich meinen Mittelständlern zum Beispiel vorschlage, dass wir einen Wissenschaftler der Hochschule zu Rate ziehen, dann kommt immer diese Antwort: Ich habe einen Hauptschulabschluss und meinen Meister gemacht, da kann ich nicht mit einem Professor reden. Die Hochschule sollte daher nicht als Wissensschloss verstanden werden, wo sich keiner hineintraut.

Elisabeth Krön: Wir sind für alle offen! Ein Beispiel: Wir beschäftigen uns gerade sehr intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit und arbeiten eng mit den Foren der Lokalen Agenda in der Stadt Augsburg zusammen. Gemeinsam überlegen wir, wie wir die Expertise unserer Wissenschaftler und Studierenden einsetzen können, um das Thema Nachhaltigkeit in die Zivilgesellschaft zu tragen. Wir möchten nicht im vermeintlichen Elfenbeinturm sitzen, sondern wir wollen raus und informieren. Und wir wollen mit den Bürgerinnen und Bürgern diskutieren. Wir möchten über aktuelle Innovationen und wissenschaftliche Erkenntnisse berichten und gemeinsam mit der Stadtgesellschaft überlegen, wie wir diese nutzen können.

Eva Weber: Das finde ich sehr wichtig. Wir brauchen ein positives Bild von Innovationen und dürfen keine Angst davor haben. Denn große Effekte werden auch weiterhin nur über neue Technologien und Innovationen stattfinden. Kurzum: es braucht heute mehr denn je den Dialog, es braucht dieses Reden über die Vor- und Nachteile von Innovationen und es braucht eine Verhaltensänderung, um Veränderungen wirklich nachhaltig zu realisieren.

Elisabeth Krön: Vielen Dank für Ihre vielen Impulse. Im Namen der Hochschule Augsburg freue ich mich, gemeinsam mit Ihnen, der Stadt Augsburg und allen Partnern der Region unsere bewährte Zusammenarbeit weiterauszugestalten.

Das Gespräch fand am 04.11.2019 statt.