Autonomes Fahren Elektrotechnik Künstliche Intelligenz
Forschungsfahrzeug der Hochschule Augsburg.
01.09.2017 - 31.12.2019

Projektbeschreibung

Vorausschauendes Fahren im Zeitalter hochautomatisierter Fahrzeuge

Es herrscht Einigkeit: Das Auto der Zukunft wird elektrisch angetrieben und autonom gesteuert. Sensorik und Datenverarbeitung sorgen dafür, dass die Sinne des Fahrers nicht weiter vereinnahmt sind, sondern die Fahrzeit zur Freizeit oder Arbeitszeit wird.

Das Institut HSA_ired der Hochschule Augsburg forscht mit Partnern aus der Industrie an Möglichkeiten, autonome Fahrzeuge auf der Autobahn zu unterstützen. Dazu schafft ein Radarsensornetzwerk ein ganzheitliches Abbild der Autobahn. Herausforderungen sind neben der Entwicklung von Radarsensoren die zentrale Datenfusion sowie die Einbindung von Testfahrzeugen im Testfeld auf der Bundesautobahn A9.

Nach dem Prinzip „Vier(zig) Augen sehen mehr als zwei“ werden auf einem ein Kilometer langen Abschnitt der A9 Radarsensoren installiert. Vom einzelnen Sensor, über das Netzwerk und die Datenfusion, bis ins Testfahrzeug müssen die Daten aufbereitet, übertragen und ausgewertet werden. Die einzelnen Bereiche werden von den Projektpartnern Siemens, Infineon, Intel, der TU München und der Hochschule Augsburg bearbeitet. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) gefördert.

Speziell entwickelte Radarsensoren werden in die Leitpfosten integriert, um ein lückenloses und anonymes Abbild des Verkehrs zu erzeugen. Radarsensoren eignen sich sehr gut, um Abstände und Geschwindigkeiten zu messen, auch bei Bedingungen wie Schneefall oder Nebel, die eine Erfassung per Lidar [s. Fußnote 1] oder Kamera erschweren oder unmöglich machen. Die zusätzlichen Sensoren ermöglichen nicht nur eine Validierung der vom Fahrzeug selbst erhobenen Daten, sondern auch eine erhebliche Erweiterung des Wahrnehmungsbereichs.

Damit einher gehen auch eine Erkennung von Geisterfahrern und von Staus. Autonome Fahrzeuge haben heute einen Wahrnehmungshorizont von weniger als zweihundert Metern. Durch die Sensordaten der Infrastruktur lässt sich dieser Horizont nahezu beliebig erweitern. Dies ermöglicht vorausschauendes Fahren, auch weit über das Menschenmögliche.

Vorteile des Systems:

  • Geisterfahrererkennung
  • Verkehrssteuerung
  • Vorausschauendes Fahren
  • Validierung der fahrzeugeigenen Sensordaten
  • Anonyme Verkehrserfassung

Zu diesem Zweck werden im HSA_ired hochauflösende Algorithmen zur Verbesserung der Winkelauflösung sowie Klassifizierungsalgorithmen für die Sensoren untersucht. Mit ihrer Hilfe lassen sich insbesondere Lkw und Pkw voneinander unterscheiden, was essentiell für die Verkehrsflussoptimierung ist.

Um eine Beeinflussung der fahrzeugeigenen Radarsensoren durch die Infrastruktur so gering wie möglich zu halten, werden Interferenzen untersucht, die beim gleichzeitigen Betrieb von ortsfesten und mobilen Radarsensoren entstehen. Interferenzen können zu Falschzielen (sog. Geisterzielen) führen. Damit diese nicht zu Fehlentscheidungen führen, werden Konzepte entwickelt, Interferenzen zu erkennen und zu vermeiden.

Die Radarsensoren erheben die Daten ihres Umfelds und senden diese an eine zentrale Recheneinheit (Fog) die sich am Straßenrand befindet. Dieser leistungsstarke Computer fusioniert alle Daten der einzelnen Radarsensoren unter Einbeziehung eines im HSA_ired ausgelegten Kalman Filters.

Auswahl der an der Hochschule Augsburg bearbeiteten Aufgaben:

  • Radarsensor-Algorithmen
  • Datenfusion
  • Einbindung des Forschungsfahrzeugs
  • Interferenzen zwischen Radarsensoren

Zudem bietet das Radarsensornetzwerk neue Möglichkeiten der Verkehrsflusssteuerung einschließlich eines entscheidenden Vorteils gegenüber heutigen Systemen: Die Auflösung der Radarsensoren ist gut genug, um Abmessungen und Positionen von Fahrzeugen zu bestimmen, jedoch ohne sie dabei zu identifizieren. Im Gegensatz zu einer Erhebung per Kamera sind alle erhobenen Daten per se anonymisiert.

Als hochautomatisiertes Testfahrzeug dient der hochschuleigene ForschungsBMW, der sich im Testfeld im OpenLoop Betrieb bewegen wird. Sein hochgenaues Positioniersystem2 wird ihn dabei im Testfeld platzieren. Es besteht aus mehreren inertialen Messeinheiten und GNSS-Sensoren, die Korrekturdaten aus der Infrastruktur empfangen. Diese ermöglichen die Fahrzeuglokalisierung mit einer Genauigkeit von der Größe eines Fingernagels. Eine Funkverbindung zur Infrastruktur versorgt das Fahrzeug mit dem Echtzeitgeschehen auf der Straße vor ihm. Der Verkehr wird zusätzlich im Cockpit visualisiert. Durch neue Algorithmen, die an diese Infrastruktur-Daten angepasst sind, können Überholmöglichkeiten berechnet, Fahrspurempfehlungen gegeben und Gefahrenstellen frühzeitig erkannt werden. Die in der Infrastruktur erhobenen Daten werden in der BMVICloud der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt.

Fußnote:

1) Lidar (Abkürzung für englisch light detection and ranging), auch Ladar (laser detection and ranging), ist eine dem Radar verwandte Methode zur optischen Abstands- und Geschwindigkeitsmessung sowie zur Fernmessung atmosphärischer Parameter. Statt der Radiowellen wie beim Radar werden Laserstrahlen verwendet.

Radarmessungen an Auflieger
Radarmessungen an Auflieger

Beteiligte

 

Fakultät für Elektrotechnik

Partner
Siemens AG, Intel Deutschland GmbH, Infineon Technologies AG, TU München

Förderung
BMVI

Weiterführende Links