Seitenpfad:

Forschungsvorhaben Dichtheit von Abwasserdruckleitungen

Entwicklung eines allgemeingültigen Prüfverfahrens zur Bestimmung der Dichtheit von in Betrieb befindlichen Abwasserdruckleitungen

 
Bauingenieurwesen

Projektbeschreibung

Prüfung und Sanierung von Abwasserdruckleitungen unter besonderer Berücksichtigung des Risikopotentials seeverlegter Leitungen.

Projektnummer: 78e216

Auftraggeber: Bayerisches Landesamt für Umwelt, Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz

Bearbeitungszeitraum: 2019 - 2022

Kooperationspartner: Ingenieurbüro Wolff Tiefbau Wasser Technik

Beteiligte Personen

Prof. Dr.-Ing. Rita Hilliges
M.Eng. Johannes König 
M.Eng. Benedict Montau

Kontakt via [Bitte aktivieren Sie Javascript]

Für die Dichtheitsprüfung von Abwasserdruckleitungen im Betrieb ist eine Qualifizierung nachzuweisen.

Eine Schulung wird bei Bedarf durch die Technische Hochschule Augsburg durchgeführt.

Bei Interesse melden Sie sich bitte über die Kontaktmailadresse [Bitte aktivieren Sie Javascript].

 

Anbei finden Sie den Download des Forschungsberichts sowie des Berechnungstools, welches für die Durchführung der Druckprüfung erforderlich ist.

Forschungsbericht

Excel-Tool

readme Excel-Tool

Unter nachfolgendem Link zum Landesamt für Umwelt kann das Infoblatt für Abwasserpumpwerke gedownloadet werden.

https://www.lfu.bayern.de/wasser/kanalisation/index.htm

 

Zum Forschungsvorhaben

Abwasserdruckleitungen stellen mit einem Anteil von rund 10% der bayerischen Schmutz-, Misch- und Regenwasserkanäle einen nicht unerheblichen Bestandteil des Entwässerungssystems dar.

Gegenüber Freispiegelleitungen weisen Abwasserdruckleitungen durch den immer vollgefüllten Zustand ein höheres Schadenspotential für die Umwelt auf. Aufgrund des anstehenden Leitungsdrucks im Rohrinneren kommt es bei Schäden in jedem Fall zu einer Exfiltration des Abwassers in den anstehenden Boden. Eine regelmäßige Erfassung der Dichtheit von Abwasserdruckleitungen ist somit zwingend erforderlich.

Bereits nach derzeit gültiger Eigenüberwachungsverordnung sind Abwasserdruckleitungen als Bestandteil der Sammelkanalisation auf Dichtheit zu überprüfen. Aufgrund eines fehlenden Prüfverfahrens ist eine Überprüfung der Dichtheit in der Vergangenheit jedoch nicht verfolgt worden. In der demnächst erscheinenden Neufassung der Eigenüberwachungsverordnung werden Abwasserdruckleitungen und deren Überprüfung der Dichtheit explizit gefordert.

Die für Freispiegelleitungen etablierte Sichtprüfung z.B. mittels Kamerabefahrung ist durch die teils geringen Durchmesser, engen Leitungsradien sowie großen Haltungslängen von Abwasserdruckleitungen i.d.R. nicht möglich. Des Weiteren können aus unter Druck stehenden Abwasserleitungen bereits durch kleine Schadstellen erhebliche Wassermengen austreten, welche ggf. durch eine Sielhaut oder Ablagerungen leicht verdeckt sein können und mittels optischer Untersuchung nicht immer sicher erkannt werden können.

Zur Überprüfung der Dichtheit von Abwasserdruckleitungen wird daher i.d.R. auf Druckprüfverfahren zurückgegriffen. Bisher liegt jedoch nur für den Bereich der Trinkwasserdruckleitungen ein entsprechendes standardisiertes Prüfverfahren vor (DIN EN 805 und DVGW W 400-2). Da es sich um Prüfverfahren für die Abnahme beim Neubau handelt, liegen die Prüfdrücke bei 15 bzw. 21 bar und Absperrdauern bis zu 48 Stunden. Die Prüfverfahren können daher nicht für in Betrieb befindliche Abwasserdruckleitungen angewendet werden.

Deshalb wurde die HS Augsburg durch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz bzw. das Landesamt für Umwelt im Zuge zweier Forschungsvorhaben damit beauftragt ein speziell an Abwasserdruckleitungen angepasstes Prüfverfahren zu entwickeln.

Durch 263 Druckprüfungen an 47 in Betrieb befindlichen Abwasserdruckleitungen wurde der jeweilige Einfluss von Leitungsdruck und Leckage, Luftanteil, Materialverformung, Leitungsführung und Leitungsdurchmesser untersucht. Auf Grundlage der Ergebnisse ist das Prüfverfahren „HSA-Normalverfahren“ entwickelt und verifiziert worden.

Das HSA-Normalverfahren wird grundsätzlich im vollgefüllten Zustand durchgeführt. Die Druckleitung ist durch vorheriges Spülen mit Brauch-, Trink-, oder Abwasser so gut wie möglich zu entlüften. Das Prüfverfahren wird ebenfalls mit Brauch-, Trink-, oder Abwasser durchgeführt und besteht aus drei Teilen:

Vorprüfung, Druckabfallprüfung und Hauptprüfung

Schematischer Verlauf des HSA-Normalverfahrens

Die Vorprüfung dient der Anpassung eines Prüfabschnitts an den aufgebrachten Prüfdruck mittels einer Druckhaltephase. Hierzu wird der Prüfdruck zuzüglich 0,2 bar auf die Leitung aufgebracht. V.a. durch Materialdehnung ist bei Aufbringen eines Prüfdrucks größer dem üblichen Betriebsdruck mit einem Druckabfall zu rechnen. Nach einem Abfall des Leitungsdrucks auf den Prüfdruck wird der Ausgangswert von Prüfdruck+0,2 bar durch Nachpumpen wieder erhöht. Dadurch sollen Druckveränderungen – v.a. hervorgerufen durch Materialeffekte – bereits in der Vorprüfung weitestgehend abklingen.

Die nachfolgendende Druckabfallprüfung dient der Überprüfung der Luftfreiheit. Eine ausreichende Luftfreiheit ist für die Durchführung der Hauptprüfung zwingend erforderlich, da es sonst zu falschen Ergebnissen kommen kann. In der Druckabfallprüfung wird der Druck in der Druckleitung durch Entnahme von Wasser spontan um 0,50 bar ±0,05 bar abgesenkt. Das entnommene Wasservolumen sowie der Druck vor und nach dem Druckablass ist zu notieren. Ein eigens durch die Hochschule Augsburg entwickeltes Excel-basiertes Tool berechnet leitungsspezifisch für die Ergebnisse der Druckabfallprüfung die erforderliche Luftfreiheit. Nur bei Unterschreitung des maximal zulässigen Luftanteils darf mit der Hauptprüfung begonnen werden. Wird der zulässige Luftanteil überschritten, ist die Prüfung abzubrechen und die erforderliche Luftfreiheit herzustellen.

In der anschließenden Hauptprüfung wird der Druckverlust über die Dauer von 1 h aufgezeichnet. Liegt der Druckverlust nach einer Stunde unter dem maximal zulässigen Druckverlust, so ist die Druckprüfung bestanden und der Rohrabschnitt als dicht zu bewerten. Der maximal zulässige Druckverlust ist unter Berücksichtigung des im Druckablasstest errechneten Luftanteils leitungsspezifisch. Für die Berechnung des maximal zulässigen Druckverlusts wird ebenfalls auf das durch die Hochschule Augsburg entwickelte Berechnungstool zurückgegriffen.

Das Prüfverfahren stellt somit das erste Druckprüfverfahren dar, welches an in Betrieb befindlichen Abwasserdruckleitungen für sämtliche gängigen Durchmesser, Leitungsmaterialien sowie Leitungsführungen angewendet werden kann.

Mit Abschluss des Forschungsvorhabens ist die Einführung des entwickelten Prüfverfahrens für in Betrieb befindliche Abwasserdruckleitungen durch das Landesamt für Umwelt in Bayern vorgesehen.

Ein Dank geht an das Bayerische Landesamt für Umwelt und das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz für die Finanzierung und Betreuung des Forschungsvorhabens.

Seeverlegte Abwasserdruckleitung Obersee am Königssee

KUMAS-Leitprojekt 2023

 

Das Forschungsprojekt "Neues Prüfverfahren für im Betrieb befindliche Abwasserdruckleitungen" wurde als KUMAS-Leitprojekt 2023 ausgezeichnet.